Gemeindetag enttäuscht über Sprungrevision beim Diesel-Urteil

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Zapfsäulen an Tankstelle

Foto: Rainer Sturm / pixelio.de

Noch vor den Beratungen des Koalitionsausschusses der grün-schwarzen Landesregierung zum weiteren Vorgehen beim Fahrverbots-Urteil hat sich der Gemeindetag ausdrücklich dafür ausgesprochen, das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart im Rahmen einer Berufung beim VGH Mannheim überprüfen zu lassen.

Gemeindetagspräsident Roger Kehle erklärte dazu:„Fahrverbote könnten in der Theorie zwar dazu beitragen, die Feinstaub- und NOx-Grenzwerte einzuhalten. Aufgrund der zu erwartenden negativen Begleiterscheinungen, sind sie jedoch nicht verhältnismäßig."

Der Gemeindetag hatte bereits in einem Schreiben an Ministerpräsident Kretschmann für das Beschreiten des ordentlichen Rechtswegs plädiert. Die Befürchtung: Fahrverbote wirken sich unmittelbar auf die gesamte Region Stuttgart und auch auf weitere Städte und Gemeinden mit einer eigenen Grenzwertproblematik aus. 

Ein erstinstanzliches Urteil darf nicht eine ganz Region lahmlegen

Für Präsident Kehle ist klar: „Eine Grundsatzentscheidung mit solch weitreichenden Auswirkungen auf Bürgerinnen und Bürgern muss in den einzelnen Instanzen unseres Rechtsstaats behandelt werden. Aufgrund eines erstinstanzlichen Urteils darf nicht eine ganze Region lahm gelegt werden.Die einzuhaltenden Grenzwerte bedeuten eine komplette Neuausrichtung städtischer Verkehrspolitik und ein radikales Umdenken für das Mobilitätsverhalten der Bürgerinnen und Bürger. Niemand kann ernsthaft erwarten, dass ein solcher Umbruch innerhalb weniger Jahre vollzogen werden kann."

Es werden außerdem schon seit Jahren rückläufige Schadstoffemissionen verzeichnet. Klar ist, dass man hier noch besser werden muss. Aber aufgrund dieser Verbesserungen hält der Gemeindetag die Anordnung von Fahrverboten zum jetzigen Zeitpunkt für falsch, um gegen die Luftbelastungen zu kämpfen. Präsident Kehle forderte: „Die negativen Auswirkungen von Fahrverboten auf die Wirtschaft, aber auch auf die Zehntausenden von Bürgerinnen und Bürgern, die auf ihr Auto angewiesen sind, müssen bei der Entscheidung des Landes genauso berücksichtigt werden wie das Interesse an einer möglichst frühen Einhaltung von Grenzwerten.“

Fahrverbote und Plaketten sind Enteignung der Bürger

Aus Sicht des Gemeindetages sind Fahrverbote und Plaketten nichts anderes als eine Enteignung der Bürgerinnen und Bürger, die auf das Automobil angewiesen sind. Diese müssen auf die Richtigkeit gemachter Angaben vertrauen können und dürfen nicht die Leidtragenden von Fehlern sein, die andere zu verantworten haben.

Einen Fortschritt bei der Einhaltung der Grenzwerte verspricht sich der Gemeindetag auch vom Fonds "Nachhaltige Mobilität in der Stadt". Dieser umfasst eine Milliarde Euro, die vom Bund und der Automobilindustrie finanziert wird. Damit könnten individuelle Masterpläne in Städten entwickelt werden, die über die Digitalisierung, intelligente Verkehrssysteme, intermodale Mobilitätslösungen sowie zunehmende Automatisierung und Vernetzung im Individualverkehr und im ÖPNV die Schadstoffbelastung mit Stickstoffdioxiden verringern werden. Ohne jeden Zweifel müsse aber auch die Automobilindustrie ihre Hausaufgaben machen. Der Gemeindetag erwartet jetzt einen belastbaren und konkreten Zeit- und Finanzierungsplan für die kommenden Monate und Jahre. Zu diesen konkreten Maßnahmen gehört auch die vollumfassende Überprüfung des Urteils des Verwaltungsgerichts Stuttgart. Und das geht ausschließlich mit der Einlegung der Berufung. 

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