Genossenschaftliche Hausarztmodelle - neue Lösungswege gegen den Ärztemangel

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Foto: tomwieden/pixabay

Genossenschaftliche Hausarztmodelle - Hilfe gegen Ärztemangel im Ländlichen Raum

Genossenschaftliche Hausarztmodelle sind eine vielversprechende Möglichkeit, um etwas gegen den drohenden Ärztemangel im Ländlichen Raum zu tun. Das zeigt das eine gemeinsame Untersuchung der Gt-service Dienstleistungsgesellschaft mbH des Gemeindetags Baden-Württemberg, der GenoConsult Baden-Württemberg GmbH des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands, der Hausärztlichen Wirtschafts- und Servicegesellschaft mbH im Hausärzteverband Baden-Württemberg und der EiCons Eidenmüller Consult GmbH. Seit September 2018 wurde in 21 Städten und Gemeinden geprüft, ob medizinische Versorgungszentren in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft (MVZ eG) umsetzbar sind. In zehn Städten und Gemeinden, darunter zwei interkommunale Zusammenschlüsse, erscheint eine MVZ eG tatsächlich als mögliche Option. Die Landesregierung Baden-Württemberg förderte die Erstellung der Machbarkeitsanalysen mit rund 170.000 Euro. Es ist vorgesehen, auch die Umsetzung der Ergebnisse weiter zu fördern, denn der Ländliche Raum soll für junge Medizinerinnen und Mediziner attraktiver werden.

Die Probleme vor Ort sind bekannt. Junge Medizinerinnen und Mediziner wünschen sich geregelte Arbeitszeiten, Teamarbeit und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Damit wird der aktuell praktizierte Hausarztberuf in Einzelpraxen den Ansprüchen der folgenden Ärztegeneration häufig nicht mehr gerecht. Obwohl es nicht die gesetzliche Aufgabe der Städte und Gemeinden ist, die ärztliche Versorgung sicherzustellen, sehen sich viele kommunale Vertreter aufgrund der aktuellen Situation zunehmend zum Handeln gezwungen. Der Gemeindetag hat das Problem des Hausärztemangels im Ländlichen Raum schon frühzeitig erkannt und bietet nun gemeinsam mit den Projektpartnern einen für Baden-Württemberg neuen Lösungsweg an: die genossenschaftlichen Hausarztmodelle.

Teilzeittätigkeit für Mediziner ermöglichen und sie von administrativen Aufgaben entlasten  

Durch dieses Modellprojekt sollen vor allem Anstellungsverhältnisse für Ärztinnen und Ärzte sowohl in Teil- als auch Vollzeit geschaffen und weitere Anpassungen der beruflichen Rahmenbedingungen, wie beispielsweise die Entlastung von administrativen Tätigkeiten, umgesetzt werden. Der Kabinettsausschuss Ländlicher Raum der Landesregierung von Baden-Württemberg hat diese Initiative des Gemeindetags aufgegriffen und die Erstellung der Machbarkeitsanalysen finanziell unterstützt.

Stimmen der Projektpartner: 

„Medizinische Versorgung findet zuallererst vor Ort in unseren Städten und Gemeinden statt. Der Ländliche Raum Baden-Württembergs hat beste Voraussetzungen dafür, um auch für Medizinerinnen und Mediziner ein attraktiver Lebens- und Arbeitsraum zu sein. Mithilfe des Modellprojekts „Genossenschaftliche Hausarztmodelle“ können wir die hausärztliche Versorgung im Ländlichen Raum und die Rahmenbedingungen des Hausarztberufes weiter verbessern. Durch die Machbarkeitsanalysen haben nun alle teilnehmenden Kommunen die Möglichkeit bekommen, weitere passgenaue Schritte hinsichtlich der örtlichen medizinischen Versorgung zu gehen“, sagt der Minister für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz und Vorsitzende des Kabinettsausschusses Ländlicher Raum, Peter Hauk MdL.

„Ich freue mich, dass die Ergebnisse der Analyse ein so optimistisches Bild für eine sichere hausärztliche Versorgung zeichnen“, so der Minister für Soziales und Integration, Manne Lucha MdL. Wie in anderen Bereichen spiele auch im vorliegenden Modellprojekt die Vernetzung der Akteure eine wesentliche Rolle: „Ärzteschaft, Kommunen und Expertinnen und Experten, die an dem Projekt mitgearbeitet haben, stellen gemeinsam wichtige Weichen für die Sicherung einer guten Versorgung der Patientinnen und Patienten. Wir müssen innerhalb der rechtlichen Regeln weiterhin die möglichen Spielräume für gute Versorgungsangebote nutzen. Hierzu zählen auch die genossenschaftlichen Hausarztmodelle“, ist Minister Lucha überzeugt.

„In allen 21 Städten und Gemeinden ist es uns gelungen, gemeinsam mit den kommunalen Akteuren und den ansässigen Ärzten individuelle Lösungsansätze zu erarbeiten“, stellt Steffen Jäger, Erster Beigeordneter des Gemeindetags Baden-Württemberg und Geschäftsführer der Gt-service Dienstleistungsgesellschaft mbH des Gemeindetags fest. Dies habe zur Folge, dass sich in allen 21 teilnehmenden Städten und Gemeinden die wohnortnahe, hausärztliche Versorgung verbessern könne. Damit habe man bei diesem innovativen Modellvorhaben ein sehr fundiertes Zwischenergebnis. Um jedoch eine flächendeckende Sicherstellung der wohnortnahen hausärztlichen Versorgung zu erreichen, müssten neue Lösungsansätze weiter unterstützt werden. „Wir müssen gemeinsam gesetzliche Hürden überwinden und diese an die heutzutage übliche interkommunale Zusammenarbeit anpassen. Eine Regelung, die beispielsweise festlegt, dass der überwiegende Teil der vertragsärztlichen Tätigkeiten eines MVZ an dessen Hauptsitz erbracht werden muss, ist nicht mehr zeitgemäß, denn die Gründung von Zweigpraxen wird damit erheblich erschwert. Wir werden uns bei der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen dafür einsetzen, dass diese Regelung aufgehoben wird“, so Steffen Jäger.

Auch der Großteil der am Projekt beteiligten Ärztinnen und Ärzte hat erkannt, dass die Zukunft der ambulanten hausärztlichen Versorgung in gemeinsamen Strukturen liegt. Die Vorteile des Modellprojekts haben einige Medizinerinnen und Mediziner überzeugt. „Die Stärkung der Hausärzte muss breit aufgestellt sein, damit die Versorgung vor Ort gesichert werden kann. Unser Modell ist dabei ein erster Ansatz, um Verbesserungen für die Hausärztinnen und Hausärzte herzustellen“, weiß Dr. Berthold Dietsche, Vorsitzender des Hausärzteverbands.

„Die qualitativ hochwertige, flächendeckende und ortsnahe medizinische Versorgung ist ein entscheidender Faktor für die Zukunftsfähigkeit der Städte und Gemeinden. Hierbei können Genossenschaften eine wichtige Rolle spielen“, sagt Dr. Roman Glaser, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands.

Der Landesregierung ist die Sicherstellung der hausärztlichen Versorgung zur Stärkung des Ländlichen Raums weiterhin ein großes Anliegen. „Mit dem baden-württembergischen Ansatz in Form des Kabinettsausschusses Ländlicher Raum haben wir die ideale Plattform, um ressortübergreifende Strategien für einen zukunftsfähigen Ländlichen Raum zu entwickeln. Dazu gehören auch kreative Lösungen wie der genossenschaftliche Ansatz, den wir gerne in der Praxis erproben möchten“, so Hauk und Lucha.